Abschlussbericht
Das 2023 Ratten Open ist gestartet! Am Mittwoch, 17.05, machte sich eine Sauwald Delegation bestehend aus Didi Hiermann, Michel Tischler, Philipp Biedenkopf und (im B-Open spielend) David Schopf auf den Weg in das kleine Dorf bei Graz. Der erste Tag brachte jedoch nicht die erhofften 8/8 Punkte für uns, sondern brachte Licht und Schatten:
Mit der üblichen Souveränität startete Didi, an Startnummer 3 gesetzt, mit 2/2 Punkten in das Turnier. Die Partien waren jedoch keine Selbstläufer: in der ersten Partie musste er seinen Gegner in einem komplizierten Turm + Springer gegen Turm + Läufer Endspiel mit Bauern auf beiden Seiten niederkämpfen; wer besser stand, war lange Zeit unklar. In der zweiten Partie sah seine Eröffnungsposition in einer Gambit-Variante von Schottisch (3.d4 exd4, 4.c3) etwas beängstigend aus, war jedoch objektiv in Ordnung. Dort kam es dann ebenfalls zu einem Turm Endspiel, in welchem der Gegner irgendwann zwei Bauern einstellte und verlor.
Einen äußerst unglücklichen Start ins Turnier erwischte hingegen Michel: die erste Partie stand er die gesamte Partie mit einem extra Bauer auf d5 klar besser, fand jedoch nicht den Weg ins Ziel, sondern geriet in arge Zeitnot und landete dann sogar in einem verlorenen Bauernendspiel - eine sehr schmerzhafte Partie zu verlieren. Die zweite Partie lief auch nicht besser: in einem geschlossenen Botvinnik System fand sein Gegner einen unglaublich starken b6!!-Zug, nachdem aus dem Nichts die ganze Damenseite zusammenbricht. Wiederum in Zeitnot verlor Michel dann die Qualität und die Partie.
Auf für Dave im B-Turnier verlief der Start eher ernüchternd. Zuerst ging ihm gegen das Königsindisch des Gegners jegliche Schwarzfelderkontrolle ab, dann ein Springer und dann die Partie. In der zweiten Partie gelang ihm jedoch ein echtes Kunststück, nämlich ein Remis mit einem ganzen Turm weniger. Der Gegner geriet in Zeitnot im Angesicht von Daves näher rückenden Figuren um seinen König anscheinend etwas in Panik und forcierte das Dauerschach. In der Analyse stellten wir fest, dass es für Weiß nicht so schwierig gewesen wäre, seine Position zu konsolidieren, aber über ein Remis mit Turm weniger hat sich auch noch nie jemand beschwert.
Philipp hingegen erwischte (ausnahmsweise mal) einen sehr guten Start ins Turnier. In der ersten Partie hatte er Schwarz gegen NM Karl-Heinz Schein, welcher früh mit einer riskanten gxh4? Entscheidung seinen König entblößte und den Rest der Partie damit beschäftigt war, diesen gegen die schwarzen Schwerfiguren zu verteidigen. Philipp übersah jedoch einige klare Siege und musste sich am Ende mit einem 3v2 Turmendspiel begnügen, welches dann keine Siegchancen mehr bot.
Das Highlight des Tages war jedoch seine zweite Partie: gegen FM Andreas Bachofner bewahrte er in einer komplizierten Leningrader Partie die taktische Übersicht und konnte das Spiel gewinnen. Sein erster Sieg gegen einen Titelträger (zumindest in Langschach), aber hoffentlich nicht der Letzte.
Insgesamt also 4/8 für Team Sauwald an Tag 1; aber morgen wird mit Sicherheit die Quote erhöht.
Wie angekündigt brachte Tag 2 wieder mehr Erfolg für unsere Gruppe. Der Tag stand im Zeichen des Grand-Prix-Angriff gegen die sizilianische Verteidigung. Vielleicht von Didi inspiriert, der die Eröffnung in seiner Karriere mit großem Erfolg gespielt und als "vernichtete Waffe bis 2100" bezeichnet hat, wählten Michel und Dave beide diese Eröffnung und konnten beide überwältigende Siege einholen. Während Daves Gegner gefühlt aus der Eröffnung bereits Matt war, beging Michels Gegner bereits auf Zug 8 einen katastrophalen strategischen Fehler, der einen Springer auf d6 zur Folge hatte. Schwarz fand nie in die Partie und stellte am Ende sogar seine Dame ein. Zwei starke Siege für Dave und Michel, welche sichtlich Spaß hatten an den Spielen.
Didi hatte eine sehr geschlossene Position gegen MK Robert Wiedner, stand jedoch gefühlt immer etwas angenehmer und hatte am Ende in einem zwei Läufer gegen zwei Springer Endspiel echte Siegchancen, jedoch sehr wenig Zeit und akzeptierte ein Remis via Wiederholung am Ende. Mit 2,5/3 darf er jetzt morgen an Brett 1 gegen den jungen Julian Leitgeb spielen, der heute mit Schwarz den Erstgesetzten IM Christopher Schwarhofer (FIDE 2335) gewann - ironischerweise ausgerechnet im Grand-Prix-Angriff.
Philipp spielte gegen den Zweitgesetzten FM Kurt Fahrner (FIDE 2266) und stand erst klar besser aus der Eröffnung. Sein Gegner spielte sich jedoch geduldig raus und übernahm im Mittelspiel langsam die Oberhand, und das obwohl er die ersten 30 Züge seinen Springer unentwickelt auf b8 ließ. Mit wenig Zeit schätzte sein Gegner jedoch ein Figurenopfer falsch ein und gab ihm einen starken Angriff gegen seinen König, welcher schlussendlich in einer Wiederholung endete - wohl ein gutes Ergebnis für Philipp.
Damit holten wir heute 3/4 und sind ehrgeizig, in Runde 4 weiter zu gewinnen und auch beim abendlichen Blitz Turnier Erfolg zu haben.
Die vierte Runde verlief eher friedlich für uns. Dave und Philipp einigten sich schnell in symmetrischen Positionen mit ihren Gegnern auf Remis, wobei insbesondere Philipps Position gegen seinen nicht sonderlich ambitioniert agierenden Gegner ein Kandidat für den Preis der langweiligsten Position des Turniers war. Auch Didi und sein Gegnern an Brett 1 verständigten sich im Spanisch Mittelspiel auf Remis, was beiden gute Chancen auf den Turniersieg offenhält. Frustrierend lief die Partie jedoch für Michel, welcher in einer Caro-Kann Position mit Schwarz gegen einen jungen Gegner lange etwas besser stand. Weiß hatte jedoch immer gefährliche Ideen zum Öffnen des schwarzen Königs und brach in gegenseitiger Zeitnot dann durch, sodass insgesamt in Runde 4 drei Remis und eine Niederlage für uns zu Buche stehen.
Abends fand dann noch das Blitzturnier statt, welches wesentlich erfolgreicher verlief. Sowohl Didi (Platz 4 mit 7/9 Punkten) als auch Michel (Platz 7 mit 6,5/9 Punkten) konnten Preisgelder an den vorderen Plätzen einheimsen. Auch Philipp (Platz 10 mit 6/9) und Dave (Platz 12 mit 6/9) spielten ein gutes Blitzturnier, wobei Dave sogar noch einen Ratingpreis einheimsen konnte. Bei 50 Teilnehmern ein sehr starkes Mannschaftsergebnis.
Am Sonntag Morgen fand dann die letzte Turnierrunde statt, wobei an den vorderen Brettern noch alles offen war. Didi durfte an Brett 2 gegen einen 11-jährigen Inder antreten, musste sich jedoch mit wenig Zeit mit einer dreifachen Stellungswiederholung zufrieden geben, wodurch beide das Turnier ungeschlagen beendeten. Dies gilt auch für Philipp, welcher in der letzten Runde seinen erfahrenen Gegner MK Robert Wiedner (FIDE 2097) vom Brett fegte und durch den Sieg zur Spitzengruppe aufschloss. Ein starker Angriffssieg gegen einen deutlich höher gewerteten Gegner (FIDE 1850) gelang ebenfalls Dave im B-Turnier, dem nach einer schlechteren Eröffnungsposition ein Comeback gelang.
Michel erlebte leider eine weitere bittere Partie. In einer theoretischen Französisch Variante gegen MK Dr. Dieter Wallner (FIDE 1963) stand er aus der Eröffnung bereits langfristig riskant und musste auf den Angriff gegen den schwarzen König gehen. Sein Gegner verteidigte jedoch geschickt, behielt sein Mehrmaterial und verwertete den vollen Punkt. Dies beendet ein äußerst unglückliches Turnier für Michel mit 1/5 Punkten; jedoch kann er dies bereits nächste Woche in Bad Ischl wieder ausbügeln und wird ohne Zweifel stärker zurückkehren.
Der Rest der Gruppe konnte mit den Endergebnissen jedoch deutlich glücklicher sein: Dave erzielte mit 3/5 im B-Turnier und +90 Elo ein klasse Ergebnis und verlor nach der ersten Runde keine Partie mehr. Auch für Didi lief es gewohnt gut, mit 3,5/5 Punkten erreichte er Platz 5 und das damit verbundene Preisgeld. Kurioserweise landete er aufgrund von zwei Buchholzpunkten damit ganz knapp vor Philipp, welcher ebenfalls 3,5/5 Punkte erzielte. Mit einer Elo-Performance von 2279 spielte dieser eines seiner stärksten Turniere bis jetzt und konnte sich dementsprechend auch über den U2150 Ratingpreis freuen.
Den Turniersieg mit 4/5 erreichte Rene Peinhopf ganz knapp vor Julian Leitgeb (ebenfalls 4/5). Für Team Sauwald lief es als Gruppe sehr gut, und das Turnier hat insgesamt großen Spaß gemacht. Nächste Woche geht es beim Open in Bad Ischl bereits weiter - nach dem Schachturnier ist vor dem Schachturnier!