Sonntag, 23.11.2014 CARLSEN - ANAND ... UND CARLSEN BLEIBT WELTMEISTER!!!
Nach dem Ruhetag spielte MAGNUS CARLSEN seine letzte Weißpartie, und vor dieser Partie war der Spielstand 5 1/2 zu 4 1/2. Somit fehlte ihm nur noch ein ganzer Punkt zur erfolgreichen Titelverteidigung. Daher war es nur allzu verständlich, dass ANAND "alles" versuchen würde, um vielleicht seine letzte Chance zu nutzen. Ein weiteres Remis würde ihn schon "zum Siegen in der letzten Turnierpartie verdonnern", um so wenigstens noch die Phase der Partien mit verkürzter Bedenkzeit zu erreichen, aber Magnus CARLSEN ist ja bekanntlich auch regierender Weltmeister im Schnell- und Blitzschach...
Die Entscheidungspartie: Magnus CARLSEN blieb seiner Strategie im Wesentlichen gleich und eröffnete erneut mit 1. e4... und ließ sich neuerlich auf die "Berliner Mauer" ein, für ihn war ja auch ein weiteres Remis (nur die 2., die 3. und die 6. Partie brachten Weißsiege...) schon als - vorläufiger - Erfolg zu werten, denn dann wäre ANAND in der vorgesehenen 12. Turnierpartie - allerdings mit Weiß - von vornherein gezwungen, auf Sieg zu spielen... Und diese Partie wurde tatsächlich zweischneidig angelegt, von vornherein also auf drei mögliche Ergebnisse.
Nach den üblichen Weiß-Vorteilen in der Eröffnung erreichte ANAND - laut Computerschnellanalyse - nach etwa 20 Zügen vollen Ausgleich. CARLSEN meinte in der abschließenden Pressekonferenz, dass er in dieser Phase wohl etwas ungenau gespielt habe. Im 23. Zug strebte ANAND nach Linienöffnung mittels b5..., CARLSEN lehnte das - vorübergehende - Bauernopfer ab, ANAND erreichte dadurch aber dennoch eine leicht bessere Stellung. Im 26. Zug (in der matchentscheidenden 6. Partie drehte sich auch alles um den Patzer und die unterlassene Bestrafung im 26.!) sah ANAND eine Möglichkeit aufblitzen und entschied sich dazu, zu "zocken". Beim Lehrerseminar gab uns Karl-Heinz Schein den grandiosen Hinweis, dass hier möglicherweise ein Motiv aus einer Partie A. Jurgis - Mikhail Botwinnik / Leningrad 1931 eine Rolle gespielt haben könnte. Der damals 20-jährige später dreimalige (6.) Schachweltmeister spielte hier eine seiner vielen Glanzpartien... Wie auch immer, zunächst sah ANAND eine gute Fortsetzung mit Tb4, was wohl Ausgleich ergeben hätte, aber sicherlich auch gut weiter spielbar geblieben wäre. Aus ihm selbst unerklärlichen Gründen entschied er sich aber "spontan" für das riskantere Qualitätsopferangebot Tb3! Auch dies sicherlich kein schlechter Zug, jedenfalls kein "Patzer". CARLSEN packte die Gelegenheit beim Schopf und spielte danach mit nur mühsam aufrecht erhaltener Contenance, wobei er sich selbst zwingen musste, nichts zu überstürzen, extrem stark weiter: ein phantastisches Springermanöver (29. Sh5 und31. Shxf4) in Verbindung mit einem zwischenzeitlichen Bauernopfer führte eine erstaunlich rasche Wendung des Partiecharakters herbei. Plötzlich war es nicht mehr ANAND, der seine Figuren zu aktivieren vermochte, sondern CARLSEN hatte die Initiative an sich gerissen. Bei knapper werdender Bedenkzeit zeigte er ein lehrreiches Gustostückerl der Vereinfachung (36. Txc7+!!), dem sich ANAND zwar brillant zu widersetzen versuchte (37. ... Kc6!), aber mit dem Überstehen der Zeitkontrolle war nach dem 40. Zug praktisch alles klar. Fünf Züge später gab sich ANAND nach 45. Kc3... geschlagen. König Carlsen kann damit in sein zweites und drittes Jahr als regierender Schachweltmeister gehen. ANAND wird in den Berichten (chessbase.de) übersetzt mit "Ich habe gezockt und wurde bestraft...!" Und Freund MAGNUS CARLSEN bezeichnete sich als "happy and relieved...". Mir hat das Beobachten, Zuschauen und Berichten Spass gemacht, ich habe so einiges dabei lernen dürfen, und ich bedanke mich auch bei meinem Publikum über die positiven Rückmeldungen. Als einsamer Komet (Tschuri...) wäre die Sache nicht so angenehm, da ist es schon interessanter, wenn einmal Besuch von Rosetta oder gar Philae vorbeikommt. Jetzt vorerst einmal knapp im Vorhinein: Alles Gute zum Geburtstag an WM Magnus (30.11.)und Freund VISWANATHAN ANAND ist dann "nächste Woche" dran (11.12.). Vielen Dank an beide sehr fairen Wettkämpfer und alles Gute auf euren Wegen. Ihr habt uns mit euren Mühen auch viel Freude beim Zuschauen bereitet. Liebe Grüße Benedikt